Mehr als 80 Prozent der Betriebe in der Region hielten laut IHK im vergangenen Jahr an ihrem Ausbildungsangebot fest, obwohl es jede vierte Firma nicht besetzen konnte. „Das ist ein starker Anstieg. Vor einem Jahr war es noch jeder zehnte Betrieb. Gerade kleinere Unternehmen sind hier die Leidtragenden“, sagt IHK-Geschäftsführer Peter Jany. Der Grund dafür: Es gebe keine geeigneten Bewerber, denn es fehle vielen Jugendlichen vor allem an den grundlegenden Rechenfertigkeiten, an Leistungsbereitschaft und Motivation. „Bei den Schulabgängern herrscht zudem eine unklare Vorstellung und zu wenig Vorkenntnisse über die Berufe“, so Jany.
Durchschnittlich fehlen allein 2013 schon 4000 Meister, Techniker, Fach- und Betriebswerte sowie 5000 Fachkräfte mit mittleren Qualifikationen in der Region. Volker Freede, Geschäftsfürer Operativ bei der Agentur für Arbeit Ravensburg-Konstanz, kann sozusagen auch nicht genug Arbeitslose mit den gewissen Voraussetzungen bieten.
Woher die Fachkräfte nehmen, wenn die Prognose der Agentur heißt, dass im Jahr 2015 in Baden-Württemberg bereits 280000 Arbeitskräfte fehlen werden, 100000 davon mit Hochschulabschluss? Gerhard Strecker, Wirtschaftsförderer in Ravensburg, hat mit einer Steuerungsgruppe der Fachkräfteallianz (Zusammenschluss, etwa von Firmen, Hochschulen, Kammern und Wirtschaftsförderungen) ein Versuchsprojekt im Sinn. Es besteht eine Städtefreundschaft zum spanischen Mollet del Vallès. Da in Spanien eine Jugendarbeitslosigkeit von 55 Prozent herrscht, könnten Fachkräfte von dort rekrutiert werden. Die Idee wurde im Ravensburger Wirtschaftsbeirat positiv aufgenommen. Es gebe schließlich in anderen Regionen ebenfalls schon erfolgreiche ähnliche Konzepte, zum Beispiel im LandkreisTuttlingen.
Volker Freede kennt weitere mögliche Vorgehensweisen, um den Fachkräftemangel zu bekämpfen: Jugendliche müssen von Eltern und Schule besser begleitet werden, um ihren Abschluss zu sichern. Die Berufsberatung muss intensiviert werden, damit die Zahl der Ausbildungsabbrecher sinkt. Für Ältere muss der Arbeitsplatz angemessen gestaltet oder die Aufgabenfelder verändert werden. Mehr Frauen im Arbeitsleben ist ebenfalls ein Wunsch, den man mit verbesserten Betreuungsmöglichkeiten für Kinder oder Familienangehörige erfüllen möchte. Es gilt zudem, die Attraktivität der Region zu nutzen und Ausbildung sowie Qualifikation durch öffentliche Information zu steigern.